Partizipation, Information und Digitalisierung

Magdeburg hängt wie Deutschland allgemein anderen Ländern bei der Digitalisierung hinterher. Im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sollten bis 31.12.2022 alle Verwaltungsleistungen digitalisiert und online über Portale bereitgestellt werden. 190 der 575 OZG-Leistungsbündel sind in Magdeburg flächendeckend umgesetzt. Dies ist zwar führend in Sachsen-Anhalt, aber deutlich weniger als die 339 Verfügbaren in der Stadt Hamm, die deutschlandweit führend ist.

Im OZG-Monitor sieht man, dass bisher nur ein Bruchteil der 2770 Leistungen in Magdeburg online nutzbar ist – ab Reifegrad 3 gelten die Anforderungen des OZG als erfüllt, das trifft auf 113 (~4 %) zu – immerhin 722 (~26 %) befinden sich im Reifegrad 2. Mit diesen Online-Dienstleistungen ist es bei der Digitalisierung aber nicht getan. Digitalisierung ist nicht das Übertragen eines Papierformulars in ein PDF, sondern ein Veränderungsprozess, der Transparenz und vereinfachte, automatisiertere Abläufe ermöglicht.

Weitere kommunale Angebote können digital zur Verfügung gestellt werden, digitale Daten der Stadt bspw. zum Straßensystem und Verkehr, Baum- und Pflanzenbestand und weiteres können sukzessive als Digital Data Twin und öffentlich einsehbar (OpenData-Prinzip) bereitgestellt werden. Städte wie Moers, Münster und Jena haben hier derzeit eine Vorreiterrolle innen und zeigen die Vorteile offener Daten. Magdeburg sollte hier aufschließen und überholen.

Barrierefreiheit muss auch im digitalen Raum gewährleistet werden: Hilfswerkzeuge bei Sehbehinderungen, Leichte Sprache und die Bereitstellung der wichtigsten Seiten (als ein Anfang) in den häufiger in Magdeburg gesprochenen Sprachen gehören beispielsweise zur Barrierefreiheit und für ein weltoffenes Magdeburg dazu.

Und zuletzt bietet es auch viele Möglichkeiten, alle Menschen in der Stadt mehr an den Entscheidungen im Stadtrat und in der Verwaltung teilhaben zu lassen und zu informieren. Dies ist zuletzt bspw. mit der Abstimmung über das Geschwister-Scholl-Denkmal und der Beteiligungsmöglichkeit an der Radverkehrskonzeption bereits geschehen.

Icon Digitalisierung

Daher möchte ich folgende konkrete Punkte angehen:

Mehr Geld für Digitalisierung

Wie so oft bedarf es mehr Investitionen, wenn man das Ergebnis verbessern und beschleunigen will. Um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern, bedarf es mehr Personal, sowohl in der Stadt als auch bei externen Auftraggebern. Durchdachte Systemarchitekturen und Expertise sind kurzfristig teurer, aber mittel- und langfristig robuster und besser zu warten. Darüber hinaus kann Digitalisierung dafür sorgen, dass bestehendes Personal in den Behörden effektiver eingesetzt werden kann und sich Prozesse beschleunigen.

Taskforce im Geschäftsbereich der Oberbürgermeisterin und Austausch mit anderen Kommunen

Diese soll sich unter Leitung eines kommunalen Digitalisierungsbeauftragten (Chief Digital Officer) um die konkrete Koordinierung mit dem Land, zugehörigen Behörden und anderer Beteiligten und um die Planung der Digitalisierung der Verwaltung und der Stadt und ihrer Informationen kümmern, die dann vom Amt für Statistik, Wahlen und Digitalisierung umgesetzt werden.

Weiterhin ist diese Taskforce für den Austausch mit anderen Kommunen im Land verantwortlich, um somit Erfahrungen auszutauschen und Synergien zu nutzen. Beide Punkte sind essenzielle Empfehlungen einer Kommunalstudie zur Digitalisierung.

OZG-Pilotprojekte

Bevor Online-Dienstleistungen des Landes allen Kommunen zur Verfügung gestellt werden, gibt es Pilotisierungsprojekte zur Erprobung in einzelnen Kommunen – sowohl für die eigenentwickelten Dienste als auch die angepassten Dienste aus anderen Bundesländern gemäß des Einer-für-Alle-Prinzips, in dem ein Bundesland die Entwicklungsarbeit für ein Themenfeld übernimmt und den anderen Bundesländern zur Verfügung stellt (Land Sachsen-Anhalt: Bildung). Magdeburg sollte hier pragmatisch vorangehen und Dienste frühzeitig ihren Bürgern und Bürgerinnen zur Verfügung stellen, auch wenn es deswegen noch nicht reibungslos läuft.

Digitale Einwohnerfragestunde

Bei Stadtratssitzungen besteht die Möglichkeit für Einwohner der Stadt Magdeburg, Fragen direkt an die Stadtverwaltung und den Stadtrat zu richten. Dafür ist derzeit physische Präsenz nötig. Dies benachteiligt Menschen, die bspw. aufgrund körperlicher Gebrechen, aus Kostengründen, Care-Arbeit oder wegen Dienstreisen nicht direkt vor Ort sein können. Während der Corona-Pandemie konnte der Stadtrat auch digital tagen. Insofern sollte die Teilhabe an dieser niedrigschwelligsten Partizipationsmöglichkeit für alle Einwohner gegeben sein und digital – ggf. nach Verifikation und Kontoregistrierung der jeweiligen Person, um Missbrauch zu vermeiden.

Moderne, barrierefreie Website der Stadt

Die Website der Stadt ist derzeit nur teilweise barrierefrei. Dies betrifft die Nutzung der Inhalte für Menschen mit Sehbeschränkungen. Dies muss verbessert werden. Aber auch die Verfügbarkeit der Informationen in anderen Sprachen ist nur automatisiert via Google Translate gegeben. Zumindest wichtige Informationen sollten in der Übersetzung auch geprüft werden. Weiterhin ist es bei einer automatisierten Übersetzung empfehlenswert, auf das heimischere Angebote von Deepl aus Köln zurückzugreifen, da deren Übersetzungen in Blindtests 3 mal so häufig wie ihre Konkurrenz gewann. Zudem ist die Website nicht in leichter Sprache verfügbar.

Bürgerbudget

Beim Bürgerbudget handelt es sich um die Idee, die Partizipation der Bürgerinnen und Bürger an der Gestaltung der Stadt zu erweitern und ihnen die Möglichkeit zu geben, darüber zu entscheiden, wie ein bestimmter Teil des kommunalen Haushalts ausgegeben werden soll.

Online-Abstimmungsmöglichkeit für Stadtratsmitglieder auf Antrag

Der Stadtrat lebt von der physischen Präsenz und Nahbarkeit. Doch es gibt Situationen, in denen einem Mitglied des Stadtrats die Teilnahme an einer Sitzung nicht möglich ist, sei es nun heimische Care-Arbeit, die sich unter Umständen nicht anders regeln lässt oder eine Dienstreise, da man neben der ehrenamtlichen Tätigkeit auch im Beruf unterwegs sein kann oder wegen ähnlicher Gründe. Das von der Stadt verwendete Ratsinformationssystem SessionNet ermöglicht auch die Online-Abstimmung. Eine elektronische Abstimmung war nach Beschluss des Verwaltungsausschusses von 05.03.2021 während der Corona-Pandemie bereits möglich. Diese Möglichkeit soll auf begründeten Antrag des Stadtratsmitglieds für jeweils einzelne Sitzungen möglich sein. Dies kombiniert die Anwesenheit im Stadtrat als Normalfall mit einer modernen Flexibilität.

Weitere Vorhaben:
  • MVB-Daten nicht nur Google Maps, sondern auch anderen Kartenanbietern zur Verfügung stellen (OpenMaps, Apple Maps, …)
  • Mehr Bürgerbeteilungen und -umfragen auf https://beteiligung.sachsen-anhalt.de
  • Nutzung von KI-Assistenten (LLM-Large Language Models) zur Entlastung bei alltäglichen Arbeiten in der Verwaltung